
6 Wege, wie du als hochsensible Persönlichkeit Kritik weniger persönlich nimmst
Bist du hochsensibel? Kritik fühlt sich für dich immer ganz schlimm an? Du möchtest mit Kritik besser umgehen? Dann lies hier weiter!
Kritisiert zu werden ist nicht schön. Für hochsensible Menschen kann es sich manchmal richtig schlimm anfühlen. Denn hochsensible Persönlichkeiten (HSP) fühlen in der Regel alles viel stärker und intensiver, und wollen andere Menschen nicht enttäuschen. Sie nehmen Kritik oft deshalb so stark wahr, weil sie davon ausgehen, dass ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt werden. Dazu gehört zum Beispiel, nicht gut genug zu sein.
Hochsensibel Kritik vertragen: Suchst du die Schuld immer gleich bei dir?
Vielleicht kennst du das auch von dir selbst, dass du immer gleich die Schuld bei dir suchst? Und dich sofort entschuldigst, ohne das Gefühl zu haben, etwas Schlimmes getan zu haben? In diesem Artikel möchte ich dir einige Empfehlungen vorstellen, wie du einen angemessenen, gesunden Umgang mit Kritik leben kannst, ohne dir gleich selbst die Schuld in die Schuhe zu schieben.
Warum ist Kritik für Hochsensible oft so schwer zu ertragen?
Mit einem Temperament, das nur etwa 20-30 % der Bevölkerung innehaben, werden hochsensible Menschen (HSP) oft dafür kritisiert, anders zu sein. Oft hören wir Sätze wie „Du bist so eine Mimose“ oder „Wieso bist du nur so empfindlich?“. Das kann dazu führen, dass wir uns missverstanden fühlen, was unser Selbstwertgefühl beeinträchtigt und es noch schmerzhafter macht, kritisiert zu werden.
Womöglich haben wir unser ganzes Leben lang von der Gesellschaft und vielleicht unserer eigenen Familie gehört, dass wir zu viel oder zu wenig sind – zu emotional, zu sensibel, zu leise, nicht schnell genug, nicht flexibel genug und so weiter. Wenn wir uns ständig bemühen, uns anzupassen, ist es umso belastender, Kritik zu hören.
Unser Nervensystem reagiert empfindlicher auf die Welt um uns herum, daher kann sich die Intensität von Kritik auch intensiver anfühlen. Kritik in Konflikten nehmen wir als lauter, harscher und extremer wahr, als es der Überbringer der Botschaft vielleicht ursprünglich beabsichtigt hatte.
Grübeln, grübeln, grübeln
Wir fühlen alles tiefer, grübeln stärker über Kritik nach und sind besser auf die Emotionen anderer eingestellt. Wir spüren nicht nur unseren eigenen Schmerz, sondern aufgrund unserer höheren Empathiefähigkeit auch den Schmerz des anderen. Das ist eine Menge, die wir in unserer Gefühlswelt verarbeiten müssen.
Typische Reaktionen auf Kritik von hochsensiblen Menschen
Hochsensible Menschen sind Meister des Subtilen. Wir nehmen die subtilen Details in unserer Umgebung deutlicher wahr. Alles, von der Körpersprache einer Person bis zur Beleuchtung in einem Raum. Diese Eigenschaft hat einen guten Grund: evolutionsbiologisch gesehen war es für unsere Vorfahren ein lebensrettender Vorteil, jede noch so kleine Gefahr zu erkennen.
Heutzutage, da nicht an jeder Ecke ein Säbelzahntiger lauert, kann es auch ein Nachteil sein. Vor allem dann, wenn unsere Mitmenschen diese Fähigkeit nicht besitzen. Warum? Wir gehen davon aus, dass andere unsere nonverbalen oder vagen Hinweise wahrnehmen können, dass andere bemerken, wenn unsere Gefühle verletzt wurden. Wenn wir uns kritisiert fühlen, reagieren wir möglicherweise so, dass wir den Konflikt nur indirekt ansprechen, in der Hoffnung, dass die andere Person merkt, wie verärgert wir sind. Oft sagen wir es nur durch die Blume und wundern uns dann, dass das Gegenüber nicht wahrnimmt, welche starken Emotionen er oder sie in uns ausgelöst hat.

Hochsensibel Kritik annehmen: 6 Wege für hochsensible Menschen, besser mit Kritik umzugehen
Traust du dich immer, einen Konflikt offen anzusprechen? Wenn du das tust, dann gratuliere ich dir von Herzen! Denn für HSP ist das oft eine große Überwindung. Wir wollen unser Gegenüber nicht vor den Kopf stoßen oder fürchten uns womöglich davor, noch mehr Kritik zu ernten. Doch erfahrungsgemäß macht es durchaus Sinn, ein Problem anzusprechen. Und oft ist es gar nicht so schlimm, wie es sich im ersten Moment anfühlt. So sehr unsere Sensibilität es oft schwieriger macht, gewisse Streitigkeiten zu bewältigen, gibt es auch Eigenschaften, die wir bei der Konfliktbewältigung zu unserem Vorteil nutzen können.
1. Mache einen Realitätscheck
Wenn dich jemand gerade kritisiert hat, fühlst du dich womöglich von deinen Emotionen überwältigt. Atme zuerst tief durch, trinke einen Tee oder ein Glas Wasser, und mache den Realitätscheck.
Was sind die Fakten? Wer hat was gesagt? Betrifft es mich überhaupt? Oft nehmen wir sofort an, dass das, was jemand gesagt hat, mit uns zu tun hat. Manchmal geht es aber dabei überhaupt nicht um uns.
Vielleicht projiziert die Person, die die Kritik vorbringt, ihren Frust auf uns, vielleicht ist sie müde, oder hat einfach nur einen schlechten Tag. Es gibt so viele Gründe, warum Menschen so reagieren, wie sie es tun. Besonders wenn man bedenkt, dass wir jeden Moment aufgrund unserer einzigartigen Lebenserfahrungen anders erleben. Die Kritik bezieht sich nicht immer auf uns. Nimm dir also einen Moment Zeit, um ein realistisches Bild der Situation zu malen, bevor du dir die Kritik zu sehr zu Herzen nimmst.
2. Frage dich, warum dich die Kritik trifft
Wenn uns Kritik besonders stark trifft, dann hat das meistens auch einen Grund. Gehe einen Moment in dich, um dich zu fragen, warum die Kritik dich gerade so stark trifft. Liegt es an der Botschaft oder am Empfänger? Oder an beidem?
Oft werden wir von bestimmten Worten oder Sätzen getriggert. Das kann daran liegen, dass jemand in der Vergangenheit solche Sätze zu uns gesagt hat und uns damit verletzt hat. Wenn das der Fall ist, dann liegt darin auch eine Chance, diesen alten Wunden Aufmerksamkeit zu schenken, sie liebevoll zu betrachten und heilen zu lassen.
3. Nutze deine Feinfühligkeit zu deinem Vorteil
Es sind die Spiegelneuronen in unserem Gehirn, die uns ermöglichen, Empathie zu empfinden. In hochsensiblen Menschen sind sie oft noch stärker aktiv. Das kann sich manchmal wie eine Belastung anfühlen. In Wahrheit ist es aber ein Geschenk!
Unsere Empathie, gepaart mit der Fähigkeit, ein breites Spektrum an Emotionen zu empfinden, gibt uns die Fähigkeit, unserem Gegenüber emotional auf Augenhöhe zu begegnen. Wir können mehr wahrnehmen, was in einem anderen Menschen vorgeht, manchmal mehr, als diese Person es sich selbst dessen bewusst ist.
Wenn jemand uns kritisiert, können wir uns für einen Moment in seine Lage versetzen und uns fragen: Was braucht diese Person? Was könnte gerade in ihr vorgehen? Geht es hier wirklich um mich? Dieser Ansatz kann Klarheit schaffen, die Wirkung der Kritik mindern und die Grundlage für ein sinnvolles Gespräch mit unserem Gegenüber schaffen. Denn wenn wir uns in die Lage des anderen versetzen, verstehen wir den Ursprung der Kritik besser, was ihr wiederum den Wind aus den Segeln nimmt.
4. Wie kann ich die Kritik als Antrieb für mich nutzen?
Ein weiterer Teil der Hochsensibilität ist ein Gehirn, das Entscheidungen gründlich verarbeitet, bevor es spricht oder handelt. Unser Gehirn nimmt die Kritik, die nonverbalen Hinweise des Kritikers und den Kontext auf, um die Situation klarer zu verstehen. Diese Verarbeitung kann uns helfen, die folgenden Fragen zu untersuchen: Gibt es einen Teil dieser Kritik, der wahr und nützlich ist? War ich schon einmal in einer solchen Situation? Was hat funktioniert und was nicht? Was kann ich daraus mitnehmen und in Zukunft anwenden? Nimm dir Zeit, um mit einem vertrauten Freund darüber zu sprechen oder schreibe deine Gedanken in ein Tagebuch.
5. Übe deine Fähigkeit zur Selbstregulation
Kritik zu hören kann im ersten Moment oft sehr bedrohlich sein, weil uns gesagt wird, dass wir nicht dazugehören oder dass mit uns etwas nicht in Ordnung ist. Wichtig ist, so gut es geht ruhig zu bleiben, damit wir klar denken und auf unsere Empathie zugreifen können. Hier sind ein paar einfache Möglichkeiten, wie du dich erden kannst: Drücke deine Füße fest in den Boden und nimm ein paar langsame, tiefe Atemzüge. Denke über 3 Dinge nach, für die du heute dankbar bist. Nimm ein Objekt wie z.B. einen Stein oder eine kleine Figur in die Hand, schließe die Augen und beschreibe, was du wahrnimmst.
6. Achte auf deine Grenzen
Als hochsensible Person kann es schwierig sein, mit Kritik umzugehen, besonders wenn sie negativ oder unerwartet ist. Achte darauf, dass du deine Grenzen kennst und nicht zulässt, dass Kritik deine Gefühle und dein Selbstwertgefühl beeinträchtigt. Wenn du merkst, dass Kritik dich zu sehr belastet, ist es in Ordnung, um Hilfe zu bitten oder dir professionelle Unterstützung zu suchen.
In der Beratung können wir uns näher ansehen, was genau dich an der Kritik so belastet und wie du in Zukunft womöglich anders damit umgehen kannst. Wir schauen uns an, was du tun kannst, um dich noch besser abzugrenzen.
Vielleicht hat es ja auch mit deiner Vergangenheit zu tun, dass dich die Kritik stärker als sonst belastet? In diesem Fall ist es wichtig, an vergangenen Verletzungen zu arbeiten, um mit dem Gegenwärtigen leichter zurechtzukommen. Gemeinsam erarbeiten wir Strategien, wie du als hochsensible Persönlichkeit in deine Selbstwirksamkeit kommst und deine „Superpower“ besser nutzen kannst.
Quellenangaben Fotos:
Foto von Hand mit Blumen: Roman Kraft auf Unsplash
Foto von Hand mit Seifenblasen: Foto von Matthew Tkocz auf Unsplash